Artikel in dieser Ausgabe
Was ist aus der Schweizer Neutralität geworden?
Die Spekulationen schossen ins Kraut. Kommt er oder kommt er nicht? Letzte Woche beschäftigten sich verschiedene Medien damit, wie und wohin Wolodymyr Selenskyj am Montag in die Schweiz reisen könnte. Geplant war ein Auftritt auf der Show-Bühne der Reichen und Mächtigen am WEF in Davos und möglicherweise ein Besuch in der Bundeshauptstadt. Zeitgleich weilte der chinesische Ministerpräsident
Li Qiang in Bern und wurde dort von Bundespräsidentin Viola Amherd empfangen. Man gewann im Vorfeld den Eindruck, dass Selenskyjs Erscheinen eine grössere Aufmerksamkeit in den Medien genoss als der Besuch des chinesischen Ministerpräsidenten. Die Prioritäten scheinen sich verschoben zu haben.
Die NZZ bot auf einer ganzen Seite dem Stabschef von Selenskjy, Andri Jermak, eine Plattform, die er verständlicherweise für seine Propaganda nutzte und Selenskyjs Friedenskonzept hervorhob, das während des privaten WEF-Treffens den «Grossen» dieser Welt ohne Beteiligung Russlands zur Konsultation vorgelegt wurde. Die im Plan erhobenen Forderungen sind illusorisch. Es werden Vorbedingungen an mögliche Gespräche geknüpft, die Gegenstand von Verhandlungen sein müssten und die auf keinen Fall dazu führen werden, einen Waffenstillstand zu vereinbaren und Friedensgespräche zu beginnen. Russland kommentierte das Konzept denn auch als «weltfremd». Absurd ist vor allem, dass der Kriegsgegner bei den Diskussionen über den Friedensplan und dessen Umsetzung nicht anwesend war.
Einen Frieden wird es nur dann geben, wenn beide Staaten miteinander verhandeln. Am Ende des Artikels strich Jermak der Schweiz noch ein bisschen «Honig ums Maul», indem er sie als «vertrauensvolle, neutrale Vermittlerin»¹ bezeichnete.
Ist eine einseitige Unterstützung Neutralität?
Jermak lobte die Neutralität der Schweiz. Das ist schon etwas skurril. Hiess es doch immer von ukrainischer Seite: «Wer uns nicht im Kampf gegen den Aggressor unterstützt, unterstützt Putin.» Die Schweiz wollte nach ukrainischer Vorgabe nicht zu den Unterstützern Putins gehören und hat sich deutlich auf die Seite der Ukraine gestellt. So leitete Bundesrat Cassis die einseitige Diskussion zusammen mit Andri Jermak. Wo ist da die Neutralität?
Der erneute Versuch Cassis’, sich auf der Weltbühne als Vermittler im Ukrainekrieg zu profilieren, war ein Schuss in den Ofen. Der Blick vom 15.01.2024 titelte denn auch: «Die Schweiz verspielt ihre Rolle als Vermittlerin» und schreibt weiter: «Die Schweiz stellt sich hinter Kiews Forderungen – und bricht mit ihrer traditionellen Rolle. Ein heikles Spiel.»
Gegenüber dem Blick betonte Cassis, dass die Schweiz sehr viel Vermittlungsarbeit im Hintergrund leiste: «Das passiert oft auf einer Ebene, von der die Öffentlichkeit nichts mitbekommen kann oder darf.» Überprüfen lassen sich diese Grossspurigkeiten nicht. Tatsache ist aber, dass die Schweiz für Russland immer noch ein unfreundlicher Staat ist – Cassis‘ Auftritt am WEF wird Russland kaum umstimmen – und Putin nicht in die Schweiz reisen kann.
Eine zentrale Grundbedingung der Neutralität ist ihre Unparteilichkeit, und diese wird vom Bundesrat seit dem Beginn des Krieges missachtet.
Als der Schweizer Henri Dunant das Internationale Komitee vom Roten Kreuz gründete und die erste Genfer Konvention Gültigkeit erhielt, war das Grundprinzip die Unparteilichkeit, die bis heute zu den sieben Grundsätzen des IKRK gehört.
Nur die strikte Einhaltung der Neutraliät erlaubt dem Staat sowie dem IKRK, in einem Konflikt beiden Kriegsparteien Hilfe zukommen zu lassen, alles andere wäre nutzlos. Was für die in der Schweiz beheimatete Hilfsorganisation gilt, muss auch für den Staat gelten, zumal sich der Gründer des IKRK an der Neutralität der Schweiz orientiert hat. Da das IKRK aufs engste mit der Neutralität der Schweiz verwoben ist, fragt sich so mancher, ob das Vertrauen in die Organisation aufgrund der kurzsichtigen Anschlusspolitik des Bundesrats Schaden gelitten habe und ihre Arbeit nicht mehr so weiterführen könne.
Ist Parteinahme Neutralität?
Warum hat die Neutralität in der Schweizer Aussenpolitik nur noch so einen geringen Stellenwert?
Da die meisten Medien den Kurs des Bundesrats, den Weg der Neutralität zu verlassen, unterstützen, wird Alt-Bundesrätin Ruth Dreifuss in einem Interview von Radio SRF (ab 6:16) bemüht, zu diesem Thema Stellung zu nehmen: «Der Auslöser vom Ganzen ist Russland, und da muss man Partei nehmen. Parteinehmen sind nicht schöne Reden, ist nicht nur humanitäre Hilfe. Parteinahme ist auch, wirklich dem Land zu helfen, sich zu verteidigen und gegen den Aggressor das Land wieder zu erobern. […] Nein, ein neutraler Staat ist nur gezwungen, zwei Länder, die Krieg untereinander haben, gleich zu behandeln, wenn beide die gleiche Verantwortlichkeit tragen. Wenn eines von den zwei Ländern angegriffen worden ist, ist kein neutraler Staat gezwungen, die beiden Protagonisten gleich zu behandeln. Das ist eine absolut falsche Interpretation vom Neutralitätsbegriff.»²
Man beschuldigt sich gegenseitig
Nach diesen Aussagen reibt man sich die Augen. Dreifuss’ Position folgt der Auffassung, dass man im Ukraine-Krieg nicht mehr neutral sein könne. Mit dieser Einstellung ist sie leider nicht allein. Wann soll also neutrales Verhalten angemessen sein? Was sind das für Konflikte auf internationaler Ebene, bei denen beide Konfliktparteien gemeinsam Verantwortung tragen? Im Regelfall greift ein Staat einen anderen an, und dieser wehrt sich, allein oder im Kollektiv. Die meisten Kriege haben einen machtpolitischen, geostrategischen und wirtschaftlichen Hintergrund. Einer wird der Aggressor sein, aus welchen Gründen auch immer. Wenn der Krieg begonnen hat, muss der Neutrale seine Vermittlungsfähigkeit in die Waagschale werfen. Sowohl der Angreifer als auch der Angegriffene sehen sich immer als Opfer. Vielleicht ist der Angegriffene aber gar nicht so unschuldig. So sah der deutsche Kaiser Wilhelm II. sein Reich von den Entente-Mächten angegriffen, wie er es in seiner Rede vor dem deutschen Reichstag Anfang August 1914 formulierte: «Uns treibt nicht Eroberungslust, uns beseelt der unbeugsame Wille, den Platz zu bewahren, auf den uns Gott gestellt hat, für uns und alle kommenden Geschlechter. Aus den Schriftstücken, die Ihnen zugegangen sind, werden Sie ersehen, wie meine Regierung und vor allem mein Kanzler bis zum letzten Augenblick bemüht waren, das Äusserste abzuwenden. In aufgedrungener Notwehr, mit reinem Gewissen und reiner Hand ergreifen wir das Schwert.»³
Die Schweiz als dauernd neutraler Staat
Es gibt auch Beispiele aus der jüngeren Geschichte. Als 2003 der Irak – weil er angeblich über Massenvernichtungswaffen verfügte – von den USA völkerrechtswidrig angegriffen wurde, hätte sich analog zur jüngsten Praxis die Schweiz auf die Seite des Angegriffenen als Opfer US-amerikanischer Intervention stellen müssen. Das war damals undenkbar und mit der Neutralität nicht vereinbar, wobei man, wie schon verschiedentlich dargelegt, das militärische Vorgehen Russlands nicht mit dem Einmarsch der USA im Irak oder in Libyen vergleichen kann, weder ursächlich noch militärisch. Die Umstände sind auch ganz andere. Dazu kommt noch: Russland ist direkter Nachbar der Ukraine und daher von politischen Entwicklungen im Land (Nato-Beitritt) direkt betroffen. Der neutrale Staat muss aber in dieser Situation öffentlich keine Position beziehen, wer schuld ist und wer nicht, sondern seine Vermittlungskünste anbieten, um möglichst schnell ein Ende des Krieges herbeizuführen.
Schweiz als Kriegspartei
In einer Pressemitteilung vom Dezember 2005 nimmt der Bundesrat in Bezug auf seine neutrale Haltung im Irak-Krieg Stellung: «Die Auslösung einer militärischen Operation gegen den Irak ohne ausdrückliche Ermächtigung des Uno-Sicherheitsrats stellte einen internationalen bewaffneten Konflikt dar. Die Schweiz als dauernd neutraler Staat hatte somit keine andere Wahl, als das Neutralitätsrecht anzuwenden. Der Bundesrat trug dafür Sorge, dass die Schweiz die Pflichten, die ihr als neutralem Staat obliegen, mit grösster Sorgfalt erfüllte. Zudem unternahm die Schweiz während des Konflikts alles in ihren Kräften Stehende, um die kriegführenden Staaten zu veranlassen, das humanitäre Völkerrecht einzuhalten. Unser Land setzte sich auch für die Zivilbevölkerung, die Kriegsopfer und die Gefangenen ein.»4
Warum ist diese «Sorgfalt» heute nicht mehr vorhanden? Was ist geschehen, dass man sich von dieser Position so weit entfernt hat, dass die Schweiz nicht mehr als neutraler Staat wahrgenommen wird? Dass Joe Biden sich zu seinem berühmten «even Switzerland» hinreissen liess, lag wohl in der unerwarteten Übernahme der Sanktionen gegen Russland kurz nach dessen Einmarsch. Damit hat sich die Schweiz zur Kriegspartei erklärt. Dass Bundesrat Cassis dann noch die Verbrüderung mit Selenskyj auf dem Bundesplatz zelebrierte, war Ausdruck völliger Orientierungslosigkeit. Verschiedene Zeitungen im In- und Ausland kommentierten die Vorgänge denn auch als Ende der Schweizer Neutralität.5
Sanktionen als Waffe
Sanktionen sind Waffen, mit denen man ein anderes Land bekämpft. So will Annalena Baerbock Russland mit den Sanktionen in die Knie zwingen.⁶
Sanktionen zu erlassen, ist Sache des Uno-Sicherheitsrats, weil sie ein kriegerisches Mittel darstellen und nur er die Kompetenz hat, über deren Erlass zu entscheiden. Auch wenn EU und Nato ihr Agieren mit der «regelbasierten Ordnung» legitimieren wollen, sind das in Tat und Wahrheit selbst kreierte Regeln, um die eigenen Ziele durchzusetzen. Wenn die Schweiz die Sanktionen übernimmt, verstösst sie gegen das Völkerrecht und gegen die eigene Neutralität, denn sie erklärt sich damit zur Kriegspartei.
Die Neutralität war in der modernen Geschichte immer wieder unter Druck, denn der Neutrale hat in Konflikten wenig Freunde. Immer wieder wurde versucht, die Neutralität neu zu definieren: differenzielle Neutralität, aktive Neutralität, kooperative Neutralität. Mit diesen Begrifflichkeiten hängt sich der Bundesrat immer das Mäntelchen der Neutralität um, doch darunter wechselt er das Tenue, je nachdem, woher und wie stark der Wind bläst.
Soll die Schweiz sogar Waffen liefern?
Noch eine Äusserung von Ruth Dreifuss lässt aufhorchen: Humanitäre Hilfe sei nicht genug. Es gehe darum, dem angegriffenen Land zu helfen, «sich zu verteidigen und gegen den Aggressor das Land wieder zu erobern.» Mit anderen Worten, sie verlangt Unterstützung mit Waffen (die Leopard-Panzer für Deutschland lassen grüssen). Das sagte alt-Bundesrätin Ruth Dreifuss, deren politische Heimat die SP ist, die in ihrem Programm die Abschaffung der Armee propagiert.7
Ob Wolodymyr Selenskyj nach Bern gereist ist, ist eigentlich einerlei. Die Neutralität ist so oder so geschlissen. Der Schweizer Bundesrat scheint nicht willens oder nicht in der Lage zu sein, die Grundpfeiler des Landes zu schützen. Dass man Selenskyj hofiert und in dessen Gunst stehen und ihn als Speerspitze «im Kampf für die westlichen Werte» sehen will, ist auch deshalb haarsträubend, weil man ignoriert, wer Selenskyj eigentlich ist. Wie er bis zum Beginn des Krieges beurteilt wurde, enthüllten die Pandora-Papers kurz vor Beginn des Krieges.8 Danach war alles vergessen.
Aus diesem Schlamassel kommt die Schweiz nur heraus, wenn sie sich auf ihre Grundwerte wie Souveränität, Neutralität, Föderalismus und direkte Demokratie besinnt. Wenn der Bundesrat dazu nicht in der Lage ist, dann müssen die Bürgerinnen und Bürger aktiv werden. Die Neutralitätsinitiative gibt endlich die Möglichkeit, einen klaren Kurs einschlagen zu können. Sie ist es wert, volle Unterstützung zu bekommen.
¹ www.nzz.ch/meinung/fuer-einen-gerechten-und-dauerhaften-frieden-die-ukraine-muss-und-wird-sich-gegen-die-russischen-invasoren-durchsetzen-mithilfe-der-internationalen-gemeinschaft-ld.1773860?reduced=true
² www.srf.ch/audio/rendez-vous/tagesgespraech-best-of-2023?partId=12513141
³ Verhandlungen des Reichstags, stenographische Berichte, 1914/16, Bd. 306
4 www.admin.ch/gov/de/start/dokumentation/medienmitteilungen.msg-id-21855.html
5 www.nzz.ch/schweiz/fuer-den-rest-der-welt-ist-die-schweiz-nicht-mehr-neutral-ld.1684472?reduced=true
⁶ www.focus.de/kultur/kino_tv/tv-kolumne-anne-will-baerbock-will-dass-russland-nicht-mehr-auf-die-beine-kommt_id_92735159.html
7 www.sp-ps.ch/wp-content/uploads/2022/07/sp_programm_a5.pdf
8 www.bpb.de/themen/europa/ukraine-analysen/342240/dokumentation-offshore-geschaefte-selenskyj-und-kolomojskyj-in-den-pandora-papers/
veröffentlicht 17.Januar 2024
Der Krieg gegen Gaza eskaliert
Angriffe auf die Huthi-Bewegung im Jemen
Der Krieg gegen Gaza geht auch nach der einwöchigen Rundreise von US-Aussenminister Antony Blinken weiter. Als direkte Folge registrierte die Region eine Zunahme gezielter Tötungen von Hisbollah-, Hamas- und irakischen Militanten im Libanon, Syrien und Irak durch israelische und US-amerikanische Kampfjets und Drohnen.
Seit dem 7. Oktober wurden mindestens 23 350 palästinensische Kinder, Frauen und alte Menschen getötet, mehr als 59 400 Menschen wurden verletzt. Mehr als 85 Prozent der palästinensischen Bevölkerung im Gaza-Streifen wurde vertrieben, es herrscht Hunger, Schulen und Kliniken sind weitgehend zerstört.
Kriegsschiffe der USA und Britanniens feuerten in der Nacht auf Freitag mit der Unterstützung der Niederlande, Kanadas, Bahrains und Australiens nach Angaben eines US-amerikanischen Militärsprechers mehr als 100 Raketen – offiziell «mehr als zwei Dutzend Angriffe» – auf Ziele im Jemen. Die Angriffe, bei denen u. a. Kampfjets und Tomahawk Marschflugkörper eingesetzt wurden, seien «im Einklang mit dem naturgegebenen Recht auf individuelle und kollektive Selbstverteidigung, das mit der Uno-Charta in Übereinstimmung steht», erfolgt, hiess es in einer gemeinsamen Erklärung Australiens, Bahrains, Dänemarks, Deutschlands, Kanadas, der Niederlande, Neuseelands, der Republik Korea (Südkorea), des Vereinigten Königreichs und der Vereinigten Staaten von Amerika.
Die «Präzisionsschläge» hätten in dem von der Huthi-Bewegung (Ansarallah) gelegenen Teil des Jemen Ziele getroffen. Meldungen aus dem Jemen besagen, dass dabei mindestens fünf Menschen getötet wurden. Damit bekenne man sich «zur Freiheit der Schifffahrt, zum Welthandel und zur Verteidigung des Lebens von Seeleuten», hiess es. Ziel sei «der Abbau von Spannungen und die Wiederherstellung von Stabilität im Roten Meer. […] Im Angesicht fortdauernder Bedrohungen» werde man «nicht zögern, Menschenleben zu verteidigen und den freien Verkehr von Waren auf einem der weltweit wichtigsten Seewege zu schützen.»
Bis auf Bahrain liegt keines der Länder, die den Angriff auf den Jemen durchführten und/oder politisch oder aktiv unterstützten in der Region des Roten Meeres oder der arabischen Welt. Die deutsche Aussenministerin Baerbock, die sich derzeit in den Philippinen und Malaysia aufhält, um dort die militärische Zusammenarbeit gegen China im südchinesischen Meer zu besprechen und um Fachkräfte abzuwerben, bestätigte die «politische Unterstützung» der deutschen Bundesregierung für die Angriffe auf Jemen.
Der Uno-Sicherheitsrat hatte am Tag zuvor eine von den USA und Japan eingebrachte Resolution (UNSR 2722) verabschiedet, in der ein Ende der Angriffe aus dem Jemen auf die zivile Schifffahrt im Roten Meer gefordert und das Recht von Nationen bestätigt wird, «in Übereinstimmung mit dem internationalen Recht» seine Schiffe zu schützen. Die Resolution wurde mit 11 Ja-Stimmen und 4 Enthaltungen angenommen.
Russland hatte zuvor drei Änderungsanträge vorgelegt, um eine «Politisierung des Textes» zu verhindern. Die Lage im Roten Meer stehe zudem im Zusammenhang mit dem militärischen Vorgehen Israels in Gaza seit drei Monaten, das müsse in der Resolution erwähnt werden, erklärte die russische Vertretung. Die Änderungen wurden von Britannien und den USA abgelehnt, die anderen neun Staaten enthielten sich. Da die Änderungsanträge Russlands nicht angenommen wurden, enthielten sich bei der abschliessenden Abstimmung neben Russland auch China, Algerien und Mosambique.
Die jemenitische Huthi-Bewegung (Ansarallah) hatte mit Angriffen auf israelische Militärstellungen und auf Schiffe im Roten Meer, die für Israel bestimmte Ladungen transportierten und teilweise nachweislich Waffenlieferungen enthielten, zur Unterstützung der Hamas im Gaza-Streifen und im besetzten Westjordanland eingegriffen. Die Angriffe würden erst gestoppt, wenn ein Waffenstillstand in Gaza erreicht und palästinensische Gefangene frei seien, so ein Sprecher.
Drohungen der USA, die eine militärische Allianz zum Schutz der Schiffe aufbauen wollten, wurden aus dem Jemen zurückgewiesen. Wenn die USA die Huthis angreifen würden, würden sie selber zum Ziel von Angriffen werden, so ein Militärsprecher der Bewegung. Die arabischen Golfstaaten beteiligen sich – wie die meisten EU-Staaten – nicht an der von den USA geführten maritimen «Schutztruppe» im Roten Meer.
Tunnelkämpfe in Gaza
Die israelische Armee erklärte nach der Abreise des US-Aussenministers am Mittwoch, mehr als 300 Tunneleingänge und mehr als 100 bei Chan Younis im Süden des Küstenstreifens zerstört zu haben. Israelische Sondereinsatzkommandos würden der Hamas nun einen Kampf in den Tunnelsystemen liefern, so ein Armeesprecher vor Journalisten in Tel Aviv. Der israelische Brigadegeneral, Dan Goldfus, wird von der Deutschen Presseagentur mit der Aussage zitiert, die Armee habe «ihre Strategie angepasst». Der «Kern der Hamas» sei «im Untergrund», und «dort werden wir sie besiegen», sagte er.
Nach Angaben einer israelischen Regierungssprecherin sollen sich noch 136 Geiseln im Gazastreifen befinden, 25 von ihnen seien aber vermutlich nicht mehr am Leben. Israelische Medien berichteten auch, dass es Verhandlungen gebe, um durch das Internationale Rote Kreuz Medizin zu den Geiseln zu bringen. Bestätigung dafür gab es nicht.
Israelische Medien berichteten auch, dass Katar einen Verhandlungsvorschlag unterbreitet habe, wonach alle israelischen Geiseln in Gaza freigelassen werden sollten, wenn die israelische Armee sich im Gegenzug aus dem Küstenstreifen zurückziehe. Die Führung der Hamas solle demnach Gaza verlassen und ins Exil gehen. Katar werde das Büro der Hamas in Doha schliessen.
Katar wies die Berichte, wonach das Land «die Ausweisung der Hamas-Führung im Gegenzug für eine Waffenruhe» vorgeschlagen habe, als «falsch» zurück. Seit Kriegsbeginn sei so etwas nie und mit niemandem diskutiert worden, hiess es in Doha. Die Verbreitung «falscher Informationen» schadeten den Gesprächen mit regionalen und internationalen Stellen, um zu vermitteln.
Irreführende Medienberichte
Vor Journalisten in der libanesischen Hauptstadt Beirut bezeichnete Osama Hamdan vom Politbüro der Hamas, die Darstellung in israelischen Medien als «irreführend und falsch». Es handle sich um den Versuch, die zornige israelische Öffentlichkeit zu beruhigen, insbesondere die Familien der Geiseln. Sie müssten zusehen, wie ihre Kinder von der Besatzungsmacht getötet würden, so Hamdan.
Die Hamas habe ihre Bedingungen zur Freilassung wiederholt erklärt, sagte Hamdan und bekräftigte, dass es einen Gefangenenaustausch geben werde, wenn ein umfassender Waffenstillstand im Gaza-Streifen vereinbart sei.
Ob auch angebliche geheime Gespräche Israels für die Umsiedlung von Palästinensern in den Kongo falsch sind, ist unklar. Die israelische Zeitung Times of Israel berichtete (in der hebräischen Ausgabe der zur Zeitung gehörenden Website Zman Israel am 05.01.2024), die Netanjahu-Regierung werbe aktuell im Kongo und anderen Staaten für die Unterstützung eines «freiwilligen» Umsiedlungsplans für die Palästinenser. «Kongo ist bereit, Migranten aufzunehmen, und wir reden mit anderen», wird eine namentlich nicht genannte Quelle aus dem israelischen Sicherheitskabinett zitiert. Demnach sei auch Saudi-Arabien als mögliches Aufnahmeland im Gespräch. Angeblich soll Netanjahu selber mitgeteilt haben, man arbeite an einer «freiwilligen Auswanderung» der Palästinenser in andere Staaten.
Mit der Frage der erzwungenen Vertreibung der Palästinenser aus dem Gaza-Streifen befasste sich der Uno-Sicherheitsrat in einer offenen Sitzung zum Thema «Die Situation im Mittleren Osten einschliesslich der palästinensischen Frage» am Freitag (Ortszeit New York). Die Uno-Vollversammlung diskutierte bereits am vergangenen Mittwoch erneut über Feuerpausen im Krieg gegen Gaza, um humanitäre Hilfsgüter in das Kriegsgebiet zu bringen.
Israelische Zensurbehörde
Das Internetportal The Intercept berichtete sowohl Ende Dezember 2023 als auch Anfang Januar 2024 über die massive Einflussnahme eines militärischen Medienzensors in Israel, mit der die Berichterstattung aller Medien aus Israel und über den aktuellen Krieg gegen Gaza einer strengen Kontrolle unterworfen ist. Das Büro des Chef-Zensors, Brigadegeneral Kobi Mandelblit, ist bei der Armee angesiedelt.
Über mindestens acht Themen dürfen Journalisten demnach nicht berichten. Dazu gehören die Waffen, die die israelische Armee einsetzt, Informationen aus dem Sicherheitskabinett, Berichte über Geiseln, die von der Hamas freigelassen wurden. Zudem wird auch eine bestimmte Sprachregelung festgelegt, an die sich Journalisten halten müssen.
Das palästinensische Gesundheitsministerium, das regelmässig die Zahlen der Toten und Verletzten veröffentlicht, darf nicht als «palästinensisches Gesundheitsministerium», sondern muss als «von der Hamas kontrolliertes Gesundheitsministerium» bezeichnet werden. Deutschsprachige Medien haben diese Sprachregelung weitgehend übernommen. Ausländische Journalisten, die in Israel arbeiten, müssen nicht nur über eine Akkreditierung der israelischen Regierung verfügen. Sie müssen auch eine schriftliche Erklärung unterschreiben, die sie vom Presseamt der Regierung erhalten, mit der sie sich an die Vorschriften des militärischen Zensors halten.
Botschaft aus Gaza: «Wir sind sehr müde und erschöpft»
Die Situation für die Bevölkerung in Gaza bleibt weiter katastrophal. Hilfslieferungen werden durch schleppende israelische Kontrollen verlangsamt. Die Hilfsgüter können wegen der anhaltenden Bombardierungen aus der Luft, durch schwere Artillerie und vom Meer nicht sicher verteilt werden. Seit langem sind keine Hilfslieferungen mehr in den Norden des Gaza-Streifens gelangt, der weitgehend einer Trümmerwüste gleicht.
Ein namentlich nicht genannter, der Autorin aber bekannter, Deutsch sprechender Familienvater, der seit Beginn des Krieges auf der Flucht von einem Ort in Gaza zum anderen irrt, sandte zum neuen Jahr eine Botschaft über sein Mobiltelefon: «Liebe Freundinnen und Freunde. Fast 100 Tage Krieg haben wir nun hinter uns. Jede Sekunde zählt und jede Sekunde könnten wir verletzt oder auch getötet werden. Die israelischen Waffen leisten sehr gute Arbeit und sind sehr bemüht, soviele von uns umzubringen wie sie nur können. Das ist eine nackte Tatsache.
Das Ausmass an Zerstörung ist unbeschreiblich. Alle Kriege seit 2008/2009 sind ein Spiel gewesen im Vergleich zu dem Krieg von heute. Zwar leben und atmen wir weiter, ABER wir sind sehr, sehr, sehr müde, erschöpft und ermattet. Meine, unsere Kinder tun mir am meisten so leid. (Und nicht nur sie, sondern alle Kinder auf der Welt).
Dieser Weg ist hundertprozentig der falsche Weg. Denn so kann und wird NIEMALS Frieden entstehen. Das Gegenteil ist das Ergebnis. Wissen die Weltherrscher das etwa nicht??!!
Nun ja, ich bin kein Politiker, um das zu beurteilen. Ich bedauere es aber so sehr, dass sie unserem Elend schon so lange ohne Handeln zugeschaut haben. Die Angriffe auf den Gaza-Streifen dauern jetzt an, während ich Ihnen und Euch diese Zeilen schreibe. Das bedeutet noch mehr Tote, Verletzte und noch mehr Zerstörung.»
veröffentlicht 17.Januar 2024
«Darum geht es – den Völkermord sofort zu stoppen!»
«Israel wehrt sich dagegen, sein Vorgehen gegen die Hamas als Völkermord bezeichnet zu sehen»
Zeitgeschehen im Fokus Welche Bedeutung hat es, dass Südafrika im Zusammenhang mit dem Gaza-krieg an den Internationalen Gerichtshof (IGH) gelangt ist?
Professor Dr. Alfred de Zayas Die Tatsache, dass das Vorgehen Israels gegen die Palästinenser vor dem Internationalen Gerichtshof gekommen ist, ist eine historische Zäsur, eine bewusste Ablehnung der Straflosigkeit Israels seit 75 Jahren, ein Schrei für Gerechtigkeit, ein Ausdruck der Hoffnung in der internationalen Justiz, eine logische Folge der Verpflichtungen, die sich aus der Uno-Charta ergeben. Besonders wichtig ist der Antrag gemäss Art. 41 des Statuts des IGH, vorsorgliche Massnahmen zu bezeichnen. Dies bedeutet ein Antrag, dass Israel sofort aufhört, Palästinenser abzuschlachten.
Südafrika hat den Anklage-Brief am 29. Dezember 2023 eingereicht, und das Gericht hat den Fall als Nr. 192 registriert.¹ Allerdings wäre es besser gewesen, wenn die Initiative von einer Koalition von Staaten aus Afrika, Asien, Lateinamerika, Europa (zum Beispiel Spanien, Norwegen, Schweden) gekommen wäre. In einer derartigen fundamentalen Frage der jahrzehntelangen Impunität des Staates Israel für die laufenden Okkupationsverbrechen, für die Apartheidspolitik, für die Unterdrückung der Palästinenser braucht man internationale Solidarität. Heute, am 11. Januar 2024, nimmt der IGH seine Untersuchungen auf, indem beide Seiten verhört werden und ihre Argumente vorbringen können.² Israel wehrt sich dagegen, sein Vorgehen gegen die Hamas als Völkermord bezeichnet zu sehen.
Zweifelsohne haben Hamas-Politiker Verbrechen an israelischen Zivilisten befohlen und der militärische Arm der Hamas hat diese Verbrechen vollzogen. Zweifelsohne müssen sie auch bestraft werden. Aber hier geht es nicht nur um den 7. Oktober, sondern um Jahrzehnte der Unterdrückung durch Israel, um die seit 2007 von Israel verhängte Blockade, die für eine humanitäre Katastrophe in Gaza sorgte, wogegen sich die Hamas wehrte. Die UNWRA hat die Situation in Gaza seit Jahren dokumentiert.³ Allein die Blockadepolitik erfüllt Artikel II c der Völkermordkonvention «vorsätzliche Auferlegung von Lebensbedingungen für die Gruppe, die geeignet ist, ihre körperliche Zerstörung ganz oder teilweise herbeizuführen.» Berichte belegen, was die israelische Politik seit dem 7. Oktober bedeutet: Nun sind alle Palästinenser in Gaza Freiwild.4
Alle kennen die «Doktrin» der Responsibility to Protect (General Assembly Resolution 60/1 vom 24. Oktober 2005, Paragraphen 138 und 139).5 Wenn diese Doktrin überhaupt etwas bedeutet, dann wohl im Gazakrieg.
Warum wird gerade Südafrika in dieser Angelegenheit aktiv?
Der Präsident Südafrikas, Cyril Ramaphosa, hat sich bereits als ernstzunehmender Staatsmann auf der Weltbühne profiliert, etwa mit seinem 10-Punke-Plan für Frieden im Ukraine-Krieg. Er ist nach Kiew und Moskau gereist und will Vernunft in der Weltpolitik sähen. Ramaphosa ist nicht der einzige Afrikaner, der die Politik des Westens für verbrecherisch hält.
Besonders wichtig ist Ramaphosas Verwendung des Artikels 41 des IGH-Statuts, der besagt:
«Der Gerichtshof ist befugt, sofern es seines Erachtens die Umstände erfordern, diejenigen vorsorglichen Massnahmen zu bezeichnen, die zum Schutze der Rechte jeder Partei getroffen werden müssen.» Darum geht es – den Völkermord sofort zu stoppen.
Mir scheint es, dass die Verheissung der Vernunft und des Rechts nicht mehr aus Amerika und Europa kommt, sondern aus der sogenannten «Dritten Welt», von einer globalen Mehrheit, die den westlichen Imperialismus, die westliche Doppelmoral und Hypokrisie satt hat. Die westlichen Staaten haben dagegen die Verbrechen Israels nicht nur geduldet, sondern auch mitfinanziert.
Man kann die Kriegsführung Israels kritisieren, der mehrheitlich Zivilisten zum Opfer fallen. Aber geht Südafrika hier nicht zu weit, indem es das Vorgehen Israels als Völkermord einstufen lassen will? Hat ein Völkermord nicht grössere Dimensionen?
Den südafrikanischen Juristen ist es gelungen, eine brillante Artikulierung der Völkerrechtskonvention und des Völkerrechts vor den Richtern zu machen.⁶ Israel strebt aber eine Umkehrung der Realität an.
Südafrika liegt völkerrechtlich richtig. Niemand kann bestreiten, dass Artikel II, Absätze a, b und c durch Israel verletzt worden sind. Die Lage ist juristisch gesehen klar. Politisch gesehen, so drehen und wenden sich die israelischen und amerikanischen Juristen verzweifelt und versuchen, die «Absicht» der endgültigen «ethnischen Säuberung» Palästinas als «Selbstverteidigung» zu tarnen. Die vielen Aussagen von israelischen Politikern und Militärs widerlegen aber diese Banalisierung der Lage.
Artikel II: «In dieser Konvention bedeutet Völkermord eine der folgenden Handlungen, die in der Absicht begangen werden, eine nationale, ethnische, rassische oder religiöse Gruppe als solche ganz oder teilweise zu zerstören: (a) Tötung von Mitgliedern der Gruppe; (b) Verursachung von schwerem körperlichem oder seelischem Schaden an Mitgliedern der Gruppe; (c) vorsätzliche Auferlegung von Lebensbedingungen für die Gruppe, die geeignet sind, ihre körperliche Zerstörung ganz oder teilweise herbeizuführen; (d) Verhängung von Massnahmen, die auf die Geburtenverhinderung innerhalb der Gruppe gerichtet sind; (e) gewaltsame Überführung von Kindern der Gruppe in eine andere Gruppe.
Hinzu kommt, dass seit Jahrzehnten die Uno-Sonderberichterstatter über den Israel/Palästina- Konflikt die Verbrechen genau dokumentiert haben, unter anderen John Dugard, Richard Falk, Michael Link7 und Francesca Albanese.8
Sind nicht noch weitere Verfahren gegen Israel hängig?
Doch der Gang Südafrikas an den IGH ist nicht das einzige Verfahren, mit dem Israel konfrontiert ist. Seit Beginn des Jahres 2023 läuft die «Advisory Opinion» über die «Legal Consequences of the Continued Occupation of Palestine by Israel» (Die rechtlichen Konsequenzen der anhaltenden Besatzung Palästinas durch Israel), wobei vor allem die Apartheidpolitik Israels untersucht wird.⁹
Zusätzlich gibt es noch den Fall vor dem Internationalen Strafgerichtshof, der von Algerien und anderen Staaten eingebracht wurde, und zwar persönlich gegen Benjamin Netanjahu.10
Und als Letztes gibt es eine weitere Untersuchung vor dem Uno-Ausschuss gegen Rassendiskriminierung – eine Inter-State complaint (zwischenstaatliche Beschwerde) von Palästina gegen Israel.¹¹ Israel muss sich mehrfach für sein Vorgehehen vor internationalen Gremien verantworten. Nicht nur vor dem IGH wegen Völkermords. Deshalb spreche ich von einer Zäsur.
Was sind die Kriterien, um ein Vorgehen als Völkermord zu klassifizieren?
Man muss vor allem «intent» beziehungsweise die «Absicht», Völkermord zu begehen, beweisen. Erstaunlicherweise liefern die konkreten Aussagen und Befehle israelischer Politiker und Militärs den Beweis die, «Gruppe» der Palästinenser «als solche ganz oder teilweise zu zerstören». So berichtet Professor Norman Finkelstein in seinem Buch «Gaza».12 Der ehemalige Uno-Sonderberichterstatter für das Palästinensische Besetzte Gebiet, Richard Falk, und Uno-Berater Jeffrey Sachs haben dies in etlichen Berichten dargelegt.
Das Vorgehen Israels in Gaza erfüllt zweifelsohne die Kriterien eines Völkermords. Aber nicht erst seit dem 7. Oktober 2023. Das Vorgehen Israels erfüllte auch seit Jahrzehnten die Kriterien des Verbrechens der Apartheid im Sinne der Konvention von 1976 («International Convention on the Suppression and Punishment of the Crime of Apartheid»).13
Artikel III der Völkermordkonvention besagt: Die folgenden Handlungen sind zu bestrafen: (a) Völkermord, (b) Verschwörung zur Begehung von Völkermord, (c) unmittelbare und öffentliche Aufhetzung zur Begehung von Völkermord, (d) Versuch, Völkermord zu begehen, (e) Teilnahme am Völkermord.
Ist hier nur Israel im Fokus? Das Land wird nahezu von allen europäischen Staaten unterstützt.
Seit Jahrzehnten haben westliche Staaten und Medien, Israel als das einzige «demokratische» Land im Mittleren Osten gepriesen. Gleichzeitig haben sie die Palästinenser karikiert und gegen sie Hetze betrieben, und dabei gegen Artikel 20 des Internationalen Paktes über bürgerliche und politische Rechte verstossen. Jene Politiker, Journalisten, Akademiker und Medien, die die Verbrechen Israels banalisieren und verleugnen, sind ebenfalls im Sinne des Artikels III Absatz c der Völkermordskonvention daran beteiligt. Hier kann man sich auf die Jurisprudenz des Internationalen Strafrechtstribunals für Ruanda stützen14 sowie auf die Jurisprudenz des IGH in seinem Urteil von 1996 im Fall Bosnien vs. Serbien, die auch eine Verpflichtung aller Staaten feststellte, Massnahmen zu ihrer Verhütung vorzunehmen.15 Die Hetze und Verleugnung in westlichen Medien verstossen gegen diese Jurisprudenz.
Gemäss Uno-Charta hat Israel das Recht auf Selbstverteidigung. Warum soll das hier nicht gelten?
Nein, das ist nicht so einfach. Israel kann sich nicht auf Artikel 51 der Uno-Charta berufen, denn Israel ist ein Okkupant, ein Besetzer. Da gelten vor allem die Genfer Konventionen von 1949 und die Zusatzprotokolle von 1977. Wiederum können die Palästinenser wohl ihr Recht auf Selbstbestimmung behaupten und daher auch ein Recht auf Selbstverteidigung gegenüber Israel in Anspruch nehmen und sich dabei auf etliche Uno-Resolutionen stützen, unter anderem auf 2625 und 3314 sowie auch auf die vielen Resolutionen der Generalversammlung über das Selbstbestimmungsrecht der Palästinenser.
Selbstverteidigung ist mit Völkermord nicht gleich zu setzen. Hier sind zwei Aspekte des Artikel 51 der Uno-Charta hervorzuheben. Die Anwendung von Gewalt ist dem Sicherheitsrat vorbehalten. Selbstverteidigung ist eine Ausnahme und nur dann möglich, wenn es von kurzer Dauer ist, bis sich der Sicherheitsrat damit beschäftigt. Der Uno-Generalsekretär António Guterres hat Artikel 99 der Uno-Charta aktiviert und den Sicherheitsrat aufgefordert, Frieden in Gaza zu ermöglichen. Dies ist durch einen Staat, die USA, vereitelt worden. Ausserdem muss jede «Selbstverteidigung» die Verhältnismässigkeit wahren. Art. 51 der Uno-Charta liefert keine Legitimierung der Völkermordpolitik Israels.16
Hier sind zwei Punkte hervorzuheben. Der Angriff der Hamas vom 7. Oktober war nicht der Beginn des Krieges – sondern eine Antwort auf die illegale Blockade, die Israel gegen Gaza seit 2007 unterhält.17
Man denkt sofort an den Aufstand im Warschauer Ghetto 1943. Gewiss hatten die Nazis kein Recht auf «Selbstverteidigung» gegenüber den Juden im Warschauer Ghetto, die durch die Nazis verhungert sind. Der Warschauer Aufstand im Mai 1943 war durchaus verständlich und legitim. Aber er wurde durch die Nazis mit Völkermord beantwortet.
Ein zweiter Punkt ist hervorzuheben. Die «Antwort» der Israelis auf die 1200 Toten vom 7. Oktober hat inzwischen etwa 23000 Menschenleben in Gaza gekostet – überwiegend Frauen und Kindern – Zivilisten, die unter der IV. Genfer Konvention von 1949 schutzberechtigt sind. Hier ist eine groteske Verletzung des Prinzips der Verhältnismässigkeit.
Warum kann Südafrika diese Klage einreichen?
Artikel IX der Völkermord Konvention vom 9. Dezember 1948 besagt:
«Streitfälle zwischen den vertragschliessenden Parteien hinsichtlich der Auslegung, Anwendung oder Durchführung dieser Konvention einschliesslich derjenigen, die sich auf die Verantwortlichkeit eines Staates für Völkermord oder eine der sonstigen in Artikel III aufgeführten Handlungen beziehen, werden auf Antrag einer der an dem Streitfall beteiligten Parteien dem Internationalen Gerichtshof unterbreitet.»
Dies bedeutet, dass der IGH unmittelbare Jurisdiktion über den Fall besitzt. Jede Staatspartei der Völkermordkonvention kann einen Fall direkt an den IGH schicken, ohne vorherige Resolution des Sicherheitsrates.
Die Verhütung und Bestrafung des Völkermordes ist eine «Erga omnes»-Verpflichtung aller Staaten. Und tatsächlich haben sich inzwischen eine Reihe von Staaten im Sinne Südafrikas geäussert. Man darf hoffen, dass sie alle Gutachten an den Internationalen Gerichtshof liefern, damit der Genozid in Gaza gestoppt wird und die Verantwortlichen zur Rechenschaft gezogen werden.
Dies wäre auch die Aufgabe des Internationalen Strafgerichtshofs. Art. 6 des Statuts von Rom18 liefert die Basis für eine juristische Untersuchung des Falls und eine Bestrafung nicht nur von Premierminister Benjamin Netanyahu, sondern auch von allen Politikern, die Netanyahus Politik dadurch ermöglicht haben, dass sie die Waffen lieferten und immer noch liefern, die für den Völkermord an den Palästinensern gebraucht werden.
Artikel III e der Völkermordkonvention macht auch diese Politiker strafbar – unter anderen George W. Bush, Barack Obama, Donald Trump und Joe Biden. Mitverantwortliche sind auch viele europäische Politiker, unter anderen Rishi Sunak, Emmanuel Macron, Olaf Scholz et ceteri.
Angenommen, der IGH bestätigt die Einschätzung Südafrikas. Was hätte das für Folgen für die israelischen Regierung?
Zunächst ein enormer Verlust an Prestige. Aber Israel besitzt eine mächtige Propagandamaschinerie in der ganzen Welt und hat seit 1947 seine falsche Darstellung der Fakten in den meisten Medien durchgesetzt.
Juristisch gesehen müsste Israel den Krieg sofort beenden und enorme Wiedergutmachung an die Palästinenser bezahlen. Aber der Internationale Gerichtshof besitzt keine Möglichkeiten, für die Umsetzung seiner Urteile zu sorgen. Dies kann der Uno-Sicherheitsrat, aber er kann es nicht tun, denn die USA werden mit Sicherheit ein «Veto» einlegen – inzwischen sind es mehr als 80 Resolutionen über Israel, die die USA durch ein Veto vereitelt haben.
Nur eine Weltkoalition, die die Straffreiheit Israels nicht mehr duldet, könnte Zwangsmassnahmen ergreifen, zum Beispiel keinen Handel mehr mit Israel treiben, nichts kaufen, nichts verkaufen, keinem israelischen Flugzeug Landegenehmigung geben, keinem israelischen Schiff Hafen bieten.
Hat Israel die Möglichkeit gegen ein allfälliges Urteil zu rekurrieren?
Gegen ein Urteil des Internationalen Gerichtshofs gibt es keine Appellationsmöglichkeit. Bisher hat Israel Uno-Resolutionen am Laufmeter ignoriert. Auch das Gutachten des Internationalen Gerichtshofs vom 9. Juli 2004 wurde von Israel total ignoriert – und dies ohne Konsequenzen, weil die USA nach wie vor Israel schützen, egal welche Verbrechen es begeht.
Leider gibt es zu viele Präzedenzfälle, bei denen die Urteile des IGH ignoriert worden sind, so zum Beispiel das Urteil von 1986 gegen die USA wegen ihrer Aggressionen gegen und ihrer Einmischung in Nicaragua. Die USA haben keinen Rappen Wiedergutmachung an Nicaragua bezahlt.19
War das das Gutachten vom Juli 2004 über die von Israel damals geplante Mauer auf palästinensischem Gebiet?
Ja, damals ging es um den Bau der Mauer auf palästinensischem Gebiet, was vom IGH in einem Gutachten als völkerrechtswidrig bezeichnet wurde. Die Uno-Charta und etliche völkerrechtliche Verträge, unter anderem der Internationale Pakt über bürgerliche und politische Rechte, der Internationale Pakt über Wirtschaftliche, Soziale und Kulturelle Rechte, die Konvention gegen die Rassendiskriminierung, die Konvention über Kinderrechte, und so weiter wurden durch Israel verletzt. Das 70 Seiten umfassende Gutachten wurde mit 14 Richterstimmen angenommen. Die einzige Gegenstimme war jene des Richters aus den USA, Thomas Buergenthal. Das Gutachten hat die Folgen der Israel-Politik verurteilt und Umsetzungsvorschläge unterbreitet, unrer anderem die sofortige Zerstörung der illegalen Mauer und die Zahlung von Kompensation an die Opfer. Dies ist nicht geschehen.20
Was kann die Uno sonst noch tun?
Der Uno-Generalsekretär António Guterres müsste deutlicher werden, kein Blatt vor den Mund nehmen. Den Völkermord als solches bezeichnen und noch einmal Artikel 99 der Uno-Charta in Anspruch nehmen und den Uno-Sicherheitsrat entsprechend ermahnen.
Welches Szenario sehen Sie in der Zukunft?
Keiner weiss, wie sich die Sache weiter entwickelt. Es besteht eine grosse Gefahr, dass sich Staaten wie die Türkei, Iran, Irak, Libanon, Jordanien, Ägypten, Saudi-Arabien und Syrien tiefer in die Sache einmischen. Dies könnte zu einem III. Weltkrieg führen.
Das Problem ist nicht nur die Person Benjamin Netanyahu, der nicht einlenken wird, auch wenn er von jüdischen Professoren wie Ilan Pappé21 und Jeffrey Sachs22 mehrfach aufgefordert worden ist, sich an das Völkerrecht zu halten. Das Problem liegt in der «Arrogance of Power».23
Welche weitere Implikation hat der israelische beziehungsweise US-amerikanische Starrsinn?
Israel und die USA versuchen, die Uno-Charta auszuschalten, die Völkermordkonvention von 1948 und die Genfer Konventionen von 1949 zu unterminieren. Wenn es so weiter geht, und dies von der Weltgemeinschaft toleriert wird, haben wir ein Chaos, haben wir kein Völkerrecht mehr. Wenn der IGH das israelische Vorgehen nicht deutlich verurteilt und wenn die Uno-Generalversammlung keine konkreten Massnahmen ergreift, können wir die Uno vergessen. Es war «eine gute Idee», aber manche Staaten haben sie beerdigt.
Wie beurteilen Sie die bisherige Berichterstattung über den IGH Fall?
Viele Politiker und Journalisten in Lateinamerika, Afrika und Asien berichten einigermassen objektiv. Es lohnt sich, viele Quellen zu lesen und viele Argumente zu hören. Ich verfolge die Berichterstattung in Aljazeera, CGTN, Global Times, Asia Times, Telesur und so weiter, auch in RT und Sputnik, denn ich lese Russisch. Natürlich lügen viele, und viele unterdrücken wichtige Informationen. Viele Politiker und Journalisten in den USA und Europa, unter anderen The New York Times, Washington Post, CNN, BBC sind nicht um Objektivität bemüht. Vielmehr machen sie eine Apologie von Kriegsverbrechen und Völkermord. Besonders peinlich empfinde ich die Doppelmoral in den USA und in Deutschland.
Was kann Südafrika, was können die afrikanischen Staaten tun, wenn der IGH und der Internationale Strafgerichtshof (ICC) nicht agieren?
Der IGH agiert schon. Ich rechne mit der Bezeichnung von vorsorglichen Massnahmen gemäss Artikel 41 des IGH-Statuts, das heisst Waffenstillstand. Wenn Israel dies missachtet, haben wir natürlich mit einer zusätzlichen Verletzung des Völkerrechts zu tun.
Was den Internationalen Strafgerichtshof betrifft: Sollte der Chefankläger beim ICC nicht einlenken und keine Anzeige gegen Netanyahu erlassen, sollten die afrikanischen Staaten en masse ihre Beteiligung im ICC und das Statut von Rom kündigen. Der jetzige Chef-Ankläger ist britischer Staatsbürger und verfolgt seit Jahren eine US- und UK-Politik. Seine Glaubwürdigkeit ist gleich null. Die Afrikaner und Asiaten sollten darauf bestehen, dass er zurücktritt.
Wie ist es so weit gekommen? Wieso befindet sich die Welt in dieser Misere?
Ich versuche einige Antworten in meinem Buch «Building a Just World Order» zu liefern, vor allem im Kapitel 2, meine «25 Prinzipien der Weltordnung» Kapitel 3 «Peace as a Human Right» und Kapitel 5 «The Right of Self-determination of Peoples.»24
Tatsächlich ist die Realisierung des Selbstbestimmungsrechtes aller Völker eine friedensfördende präventive Strategie. Auch der Gaza-Krieg ist ein Krieg um das Selbstbestimmungsrecht des palästinensischen Volkes.
Der Uno-Menschenrechtsrat hat in etlichen Resolutionen die Ursachen so vieler Völkermorde und Kriege dargelegt, unter anderem in der Resolution 48/7 vom Oktober 2021.
Aber das, was spezifisch Israel und Palästina betrifft, wissen wir, dass dies eine sehr lange Vorgeschichte hat und vieles davon hat mit Imperialismus und Kolonialismus zu tun. In der Tat ist die Politik Israels gegenüber den Palästinensern eine Art Kolonialismus, und die Verbrechen gehen zurück auf die infame, imperialistische «Balfour Declaration» des britischen Aussenministers Arthur James Balfour vom 2. November 1917.25 Diese Erklärung hat entsetzliche Konsequenzen für Millionen Menschen im Nahen Osten entfaltet – nicht nur in Palästina, sondern auch in Ägypten, Jordanien, Libanon, und Syrien. Das «Israel Experiment» hat die Welt seit 1947 in permanenter Spannung gehalten.
Was würden Sie vorschlagen – nicht als Völkerrechtsprofessor, sondern als Mensch?
Man muss alles für den Frieden tun, für Frieden mit Gerechtigkeit, für Frieden auf der Basis der Sicherheitsratsresolution 242 vom 22. November 1967,26 auf der Basis des IGH-Gutachtens vom 9. Juli 2004.27
Ich würde gerne Millionen Menschen sehen, die in Washington, London, Paris, Berlin, Rom, Madrid, Zürich auf die Strassen gehen, und einen sofortigen Waffenstillstand verlangen. Sei es durch «civil disobedience», ich möchte sehen, dass die Menschen in demokratischen Ländern verlangen, dass ihre Politiker Schluss mit Kolonialismus und mit Imperialismus machen.
Als Christ möchte ich sehen, dass die Menschheit die Bergpredigt (Mattheus V, VI, VII) ernst nimmt, vor allem, dass alle Christen bemüht sind, Frieden überall in der Welt zu stiften, dass wir alles tun, damit Frieden im Heiligen Land zurückkehrt. Ich empfehle allen diese zwei Bücher von Ex-Präsident Jimmy Carter zu lesen: «We can have Peace in the Holy Land» (2009)28 und «Palestine: Peace Not Apartheid» (2006). Simon and Schuster, New York.29
Ich hatte die Ehre, diese Bücher mit Präsident Carter zu diskutieren, als ich sein Gast im Carter Center in Atlanta war. Hätten wir heute einen Jimmy Carter im Weissen Haus, hätten wir den Völkermord in Gaza nicht, hätten wir diese Tragödie nicht. «War is over – when we want it» – wie John Lennon sang.
Herr Professor de Zayas, ich danke Ihnen für das Gespräch.
Interview Thomas Kaiser
¹ www.icj-cij.org/case/192,
www.msn.com/en-us/news/world/israel-is-facing-a-genocide-case-in-international-court-could-it-halt-the-war-in-gaza/ar-AA1mGYyK
² mail.google.com/mail/u/0/?pli=1#inbox/WhctKKZPJXJflgkjVSzBkXgWFKNGwcxSBdPctPXrDcSjNrkFmWCNfqsJnGHfgDtVklrXMmg
³ www.unrwa.org/gaza-emergency,
edition.cnn.com/videos/world/2024/01/07/exp-unrwa-gaza-intv-fst-010701aseg01-cnni-world.cnn
4 apnews.com/article/unrwa-lazzarini-gaza-israel-hamas-war-95ce3c409bd8566ed26d60aa75223546
5 www.un.org/en/development/desa/population/migration/generalassembly/docs/globalcompact/A_RES_60_1.pdf
⁶ www.youtube.com/watch?v=MOW_1exsHE8
7 www.claritypress.com/product/protecting-human-rights-in-occupied-palestine-working-through-the-united-nations/
8 www.ohchr.org/en/special-procedures/sr-palestine
⁹ www.icj-cij.org/case/186
10 www.middleeastmonitor.com/20231107-algeria-calls-on-icc-to-hold-israel-accountable-for-its-crimes-in-gaza/,
edition.cnn.com/2023/11/17/middleeast/israel-gaza-war-crimes-icc-referral/index.html
11 www.ohchr.org/en/treaty-bodies/cerd/inter-state-communications
12 www.normanfinkelstein.com/books/gaza-an-inquest-into-its-martyrdom/
13 www.un.org/en/genocideprevention/documents/atrocity-crimes/Doc.10_International%20Convention%20on%20the%20Suppression%20and%20Punishment%20of%20the%20Crime%20of%20Apartheid.pdf
14 unictr.irmct.org/
15 icj-cij.org/case/91/judgments
16 www.un.org/en/about-us/un-charter
17 www.amnesty.org/en/latest/news/2023/10/israel-opt-israel-must-lift-illegal-and-inhumane-blockade-on-gaza-as-power-plant-runs-out-of-fuel/,
www.reuters.com/article/idUSTRE78C59R/
18 www.icc-cpi.int/sites/default/files/RS-Eng.pdf
19 www.icj-cij.org/case/70
20 www.icj-cij.org/case/131
21 www.democracynow.org/2023/10/31/ilan_pappe_israel_invades_gaza
22 www.jeffsachs.org/newspaper-articles/ssm8mz6kfzysdwb9gh6m7ykhlk7sa7,
www.youtube.com/watch?v=-wiwuhtx6o0
23 J. William Fulbright: The Arrogance of Power, Penguin 1967. https://archive.org/details/arroganceofpower0000fulb/page/n9/mode/2up
24 www.claritypress.com/product/building-a-just-world-order/
25 www.bbc.com/news/world-middle-east-41765892,
www.history.com/topics/middle-east/balfour-declaration
26 digitallibrary.un.org/record/90717
27 www.icj-cij.org/case/131
28 archive.org/details/wecanhavepeacein0000cart
29 www.democracynow.org/2006/11/30/palestine_peace_not_apartheid_jimmy_carter
veröffentlicht 17.Januar 2024
Stellungnahme der südafrikanischen Aussenministerin Naledi Pandor
Es sind Beweise, die von einer Reihe von Nichtregierungsorganisationen sowohl in Israel als auch in Palästina vorgelegt wurden, denn wir sprechen nicht nur mit Palästinensern, wir sprechen auch mit friedliebenden Israelis. Und wir wissen, dass es eine Menge Fake News gibt, die versuchen, die Palästinenser in ein schlechtes Licht zu rücken. Und selbst der Sprecher des Weissen Hauses hat zugegeben, dass diese Erklärung, die auf höchster Ebene abgegeben wurde, nicht den Tatsachen entsprach.
Also, verehrtes Mitglied, ich werde auf Ihre Frage antworten. Und es ist wichtig – wie ich zu Beginn meines Beitrags sagte – dass wir, wenn wir uns zu diesen Themen äussern, ehrlich und sachlich sein sollten.
Die Fakten sind, dass den Menschen in Palästina das Recht verweigert wird, als menschliche Wesen zu existieren, dass ihnen das Recht verweigert wird, die Freiheiten und Rechte zu geniessen, die wir als Südafrikaner so lieben, die Rechte und Freiheiten, für die wir so hart gekämpft haben, die Rechte und Freiheiten, auf die wir uns als das vielfältige südafrikanische Volk geeinigt haben.
Heute glauben einige von uns in diesem Haus, dass diese Rechte den einen gehören und den anderen nicht. Das ist nicht der südafrikanische Weg. Wir glauben, dass alle Menschen das Recht haben, in Freiheit zu leben und Gerechtigkeit und Menschlichkeit zu geniessen. Und das ist die Botschaft, die von diesem Haus ausgehen muss. Dieses Haus kann keinen Missbrauch dulden, es kann nicht dulden, dass andere Menschen verletzt werden, ganz gleich, wer diese Menschen sind. […]
Ich erwähne die Geschichte von meines Grossvaters, der an gebrochenem Herzen starb. Er war Schneider und hatte sehr hart gearbeitet, bis die Finger wund waren, um genug Geld zu verdienen, um ein Haus zu kaufen – in Durban. Und sie haben dieses Haus – mein Grossvater und meine Grossmutter. Zwei Jahre, nachdem sie es bekommen hatten, wurde das Gebiet zum «weissen Gebiet» erklärt, sie verloren das Haus ohne Entschädigung, und er starb im Grunde an gebrochenem Herzen.
Ich empfinde keine Vergeltung, denn heute bin ich Teil des Aufbaus eines besseren Südafrikas. Und unsere Aufgabe muss es sein, eine bessere Welt zu schaffen! Das Privileg, das wir geniessen, nämlich die Menschenrechte, eine fantastische Verfassung, demokratische Institutionen, die für uns alle da sind – dieses Privileg gilt nicht nur für uns, es muss für alle gelten!
Und in jeder Debatte, die wir führen – wenn wir uns selbst treu sind, wenn wir unserer Geschichte treu sind, wenn wir dem treu sind, was wir erreicht haben, werden wir aufstehen und es sagen: Was dem palästinensischen Volk angetan wird, ist falsch, ist unerträglich, und wir werden das nicht hinnehmen.
Transkription und Übersetzung: «Zeitgeschehen im Fokus»
veröffentlicht 17.Januar 2024
Deutschland: «Eine galoppierende Geopolitisierung aller Debatten»
Zeitgeschehen im Fokus In Deutschland verhinderten Bauern, dass Wirtschaftsminister Habeck mit einer Fähre anlegen konnte, weil sie ihn im Sinne eines Protests nicht an Land lassen wollten und wohl versucht hatten, die Fähre zu stürmen. Das wurde durch einen Polizeieinsatz verhindert. Was hat die Bauern so in Rage gebracht?
Bundestagsabgeordneter Andrej Hunko In Deutschland besteht eine aufgeheizte Stimmung. Diese hat ihre Ursachen in vielen politischen Entscheiden der Ampelregierung. Das kulminiert in den Kürzungen, die den Bauern zugemutet werden sollen. Das in einer Situation, in der der von der Bundesregierung geplante Haushalt aufgrund des Urteiles des Bundesverfassungsgerichts nicht verabschiedet werden konnte. Es sollten ursprünglich verschiedene Umschichtungen von Corona-Geldern in andere «Töpfe» vorgenommen werden. Das ist laut dem Bundesverfassungsgericht verfassungswidrig. Deswegen konnte die Bundesregierung den Haushalt vom Parlament nicht wie geplant verabschieden lassen und versucht nun, einen neuen Haushalt durchzubringen, unter anderem mit Kürzungen der Steuererleichterungen für die Bauern.
Die Annahme des Haushalts für das kommende Jahr steht also noch aus?
Ja, wir haben bis jetzt noch immer keinen Haushalt für das Jahr 2024. Meines Wissens hat es so einen Vorgang in der Geschichte der Bundesrepublik noch nie gegeben. In der Regel wird der Haushalt Ende des Vorjahres verabschiedet. Das ist nicht geschehen. Es gibt jedoch Eckpunkte dieses neuen Budgets, und darin waren Kürzungen für die Landwirtschaft in einer Grössenordnung von knapp einer Milliarde Euro vorgesehen. Die KFZ-Steuerbefreiung und die Subventionen auf Dieseltreibstoff sollen aufgehoben werden. Die Steuerbefreiung ist darin begründet, dass die Landwirte mit ihren Fahrzeugen die Strassen selten benutzen, für die KFZ-Steuern erhoben werden, sondern vor allen auf ihren Feldern fahren. An diesen Punkten entzündet sich der ganze Unmut über die generelle Ausrichtung des Haushalts der Ampelregierung. Die Bauern sind sozusagen zur Speerspitze des Protests geworden. Sie sind wütend. Was sich gegenüber Habeck abgespielt hat, kann ich nicht gutheissen. Ich finde es nicht richtig, wenn Politiker in der Form angegangen werden. Dennoch beobachte ich eine mediale Überaufregung, die das Ziel haben könnte, die Proteste zu delegitimieren. Der eigentliche Protesttag war aber der 8. Januar, an dem sich den Bauern auch andere Teile der Gesellschaft, insbesondere des Mittelstandes, anschlossen. 68 Prozent der Bevölkerung haben laut Umfragen Verständnis für die Bauernproteste. Die Bauern sind zum Kristallisationspunkt der Proteste gegen eine historisch unpopuläre Regierung geworden.
Haben die Proteste neben den Kürzungen der Subventionen noch andere Gründe?
Die Kürzungen von knapp einer Milliarde wurde von der Bundesregierung mittlerweile zum Teil zurückgenommen in dem Sinne, dass die Aufhebung der Subventionen auf Treibstoff schrittweise vollzogen werden soll, was von den Bauern aber abgelehnt wird. Das Ganze steht in dem Kontext, dass alleine der Sonderposten für weitere Waffenlieferungen an die Ukraine von vier auf acht Milliarden Euro erhöht wurde. Der Wirtschaftskrieg gegen Russland führt in Deutschland aufgrund der hohen Energiepreise zu einer Rezession, die über die üblichen Zyklen hinausgeht. Viele befürchten eine langfristige Deindustrialisierung. Das ist der Kontext, den man betrachten muss. Hinzu kommt noch die generelle Aufrüstung, die sich in dem Haushalt abbildet, während an anderer Stelle dringend notwendige Investitionen unterbleiben.
Die 8 Milliarden sind also in den von Scholz festgelegten 100 Milliarden für das Militär nicht enthalten?
Nein, das ist von den 100 Milliarden Sonderschulden bzw. Kriegskrediten getrennt. Das kommt zu den 100 Milliarden dazu. Das bedeutet im bestehenden Haushalt einen geplanten Sonderposten von über 8 Milliarden Euro für «Ertüchtigungshilfen an Partnerländer», aber damit ist in erster Linie die Ukraine gemeint, vielleicht ist auch ein Teil für Israel gedacht. Das wird nicht direkt benannt. Insgesamt soll so das 2 Prozent-Ziel (des BIPs) der Nato erfüllt werden.
Wie kommt das in der Öffentlichkeit an?
Generell ist die Ampelregierung so unbeliebt wie keine Bundesregierung zuvor. Die jüngsten Zahlen sagen, 83 Prozent der Bevölkerung sind mit der Regierung nicht zufrieden nur 17 Prozent sind mit der Regierung zufrieden. Das ist ein historischer Tiefstwert. Die militärische Dimension des Haushaltes wird in der Öffentlichkeit weniger diskutiert.
Was sind denn die Gründe der schlechten Bewertung? Die Regierungsparteien hatten doch nach den letzten Wahlen zusammen die Mehrheit.
Das ist eine Mischung verschiedener Faktoren. Deutschland ist das einzige westliche Land, das gegenwärtig in einer Rezession mit - 0,5 Prozent und möglicherweise vor einem langfristigen Niedergang steht.
Kanzler Scholz sieht das aber anders. Die Wirtschaft sei nicht so weit gesunken, wie von manchem prognostiziert wurde. Auch seien mehr Arbeitsplätze geschaffen worden und Steuersenkungen werden das Portemonnaie der Menschen entlasten …
Vielleicht ist das sein Wunschdenken für die Zukunft. Aber das ist ein Teil des Problems. Die Menschen merken doch, dass das nicht stimmt und dass alles immer teurer und schlechter wird. Die Züge funktionieren nicht, die Brücken sind marode, es gibt Überflutungen in Niedersachsen, die Hilfen funktionieren jedoch nicht richtig, die Firmen wandern ab etc. Dann hält der Kanzler eine Rede, in der er sagt, dass alles besser werde. Das erzeugt doch bei den Menschen Unmut und zum Teil auch Wut. Das sieht man vor allem im Osten Deutschlands, was auch mit der Sicht auf den Krieg zusammenhängt. Der deutsche Staat pumpt immer mehr Geld in einen aussichtslosen Krieg und ein korruptes Land.
Dass das die Menschen stört, ist doch auch nicht falsch.
Nein, natürlich nicht, besonders im Osten nimmt man das so wahr. Es gibt Äusserungen, vor allem von Annalena Baerbock, die bei den Menschen präsent sind und Kopfschütteln auslösen wie die «360°- Wende» oder «mir ist egal, was meine Wähler denken, Hauptsache, wir unterstützen die Ukraine.» Solche Dinge stossen den Menschen auf. Das ist insbesondere bei den beiden Grünen Ministern Baerbock und Habeck zu beobachten. Dazu kommt noch die Wahrnehmung, dass man von den Politikern erzogen werden soll. Es spielen besondere Faktoren zusammen, die zu dieser Stimmung führen. Die Wut richtet sich massgeblich gegen die Grünen, was dann versucht wird, als rechtsextrem darzustellen. Das macht das Ganze so schwierig. Die Geschichte mit der Fähre wird enorm hochgespielt und medial aufgeladen. Man wirft den Aktivisten Nötigung vor. Das löst bei vielen, die das Verhalten der Klimakleber als Nötigung empfunden haben, Ärger aus, da der Staat nach deren Auffassung diese mit Samthandschuhen angefasst hat. All diese Facetten tragen zu der gereizten, aggressiven Stimmung bei. Auf den sozialen Medien ist eine zunehmende «Brutalisierung» des Diskurses und die Verengung des Diskussionsrahmens feststellbar. Das führt am Ende zu einer Radikalisierung. Es gibt eine Allensbach-Umfrage, in der eine klare Mehrheit der Meinung ist, nicht mehr das sagen zu können, was sie denkt. All diese Aspekte kristallisieren sich aktuell in den Bauernprotesten.
Ich möchte gerne auf eine Aussage von Ihnen zurückkommen, nämlich dass im Osten Deutschlands die Menschen gegenüber der Politik der Bundesregierung, die Milliarden in den Ukrainekrieg steckt, kritischer eingestellt sind. Wie lässt sich das erklären?
Das ist ein interessanter Aspekt. Wenn man die Weltlage betrachtet, kann man feststellen, dass die osteuropäischen Länder eher antirussisch sind. In Deutschland ist es genau umgekehrt. Ostdeutschland hat weniger Ablehnung gegenüber Russland. Das hat sicher auch mit der Erfahrung zu tun, die sie bei der Wiedervereinigung gemacht haben. Ohne die Zustimmung der damaligen Sowjetunion wäre die Wiedervereinigung nicht möglich gewesen. Sie wissen auch, dass es die Zusagen gab, die Nato nicht nach Osten auszudehnen. Sie haben erlebt, dass die sowjetischen Soldaten 1994 ihre Kasernen besenrein übergeben haben. Das ist noch im kollektiven Gedächtnis vorhanden, während im Westen immer noch die alten Feindbilder vorherrschen.
Ist es nicht auch positiv zu bewerten, dass die Bauern auf die Strasse gehen und sich wehren und auch andere Menschen ihrem Unmut Ausdruck verleihen?
Absolut, solange es im rechtsstaatlichen Rahmen passiert. Dennoch muss man sich die Frage stellen, in welche Richtung sich dieser Widerstand bewegt. Es gibt auch heftige Kritik aus den führenden Etagen der deutschen Wirtschaft. Dabei werden nicht die Sanktionen kritisiert, sondern gefordert, dass in Deutschland mehr dereguliert werden soll. Letztlich wird und muss die Unzufriedenheit in eine politische Richtung gehen, aber in welche, das ist noch offen.
Meinen Sie damit, wer die Unzufriedenheit politisch kanalisiert und wer sie wohin führt?
Ja, wir haben doch eine historische Erfahrung. Nicht, dass ich den Teufel an die Wand malen möchte, und ich möchte das natürlich nicht direkt mit heute vergleichen, aber am Ende der Weimarer Republik gab es eine grosse Unzufriedenheit, die berechtigt, verständlich und legitim war, aber in eine völlig falsche Richtung gelenkt wurde. Zur Lösung einer Krise gibt es immer verschiedene Möglichkeiten.
Wenn man sich die CDU als Alternative vorstellt, kommt man vom Regen in die Traufe, wie in den USA: Man kann zwischen Pech und Schwefel wählen …
Ja, Friedrich Merz, der von «Blackrock» kommend zum CDU-Vorsitzenden gewählt wurde, will noch mehr Waffen in die Ukraine liefern. Einer der Scharfmacher in der CDU ist Roderich Kiesewetter. Er ist extrem und sehr wortgewaltig. Nach seiner Einschätzung geht es beim Ukrainekrieg um die Lithium-Vorkommen in der Ostukraine. Wenn diese nicht in die Hand des Westens kämen, könne Putin uns bei der Energiewende erpressen. Das ist jetzt ein neues Argument, um noch mehr Waffen liefern zu können.
Das müsste doch den Menschen auffallen. Worum geht es eigentlich in diesem Krieg? Will man die Ukraine militärisch unterstützen und von der russischen Besatzung befreien, um, wie argumentiert wird, die territoriale Integrität wieder herzustellen, oder will man sich die Bodenschätze unter den Nagel reissen?
Je nach dem, welches Publikum sie ansprechen wollen, betonen sie das eine oder das andere. Auch halte ich das immer wieder erwähnte Szenario, Putin werde durch Polen oder das Baltikum Richtung Westen marschieren für Unsinn. Was stimmt,ist, dass wir es mit einer geopolitischen Auseinandersetzung grösseren Ausmasses zu tun haben. Wir erleben nicht nur diesen Krieg, wir erleben auch die Eskalationsgefahr im Nahen und Mittleren Osten. Wir erleben eine weitere Eskalation um Korea und einen schwelenden Konflikt um Taiwan. Wir erleben einen massiven Umbruch, indem die Dominanz der USA und ihrer Verbündeten immer weiter bröckelt, und dieser Vorgang in kriegerischen Handlungen und zunehmenden Spannungen zum Ausdruck kommt. Ich beobachte im Bundestag eine galoppierende Geopolitisierung aller Debatten. In den Debatten spricht man von Partnerland und Gegnerland. Die Geopolitisierung war schon vorher da, aber in diesem Masse nicht wahrnehmbar.
Auch in der Coronazeit, in der man dachte, dass es eine Menschheitsaufgabe sei, das Virus abzuwehren, war es so, dass bei uns nur Impfstoffe aus Nato-Ländern zugelassen waren, Pfizer-Biontec, Moderna und so weiter. Der russische Impfstoff Sputnik kam von der falschen Seite und wurde nicht anerkannt wie auch Sinovac aus China oder Soberana aus Kuba nicht. Das zeigt, wie der Coronadiskurs geopolitisiert wurde. Sputnik war der erste Impfstoff auf dem Markt. Die Russen boten den Impfstoff an. San Marino impfte Sputnik und liess das von italienischen Universitäten wissenschaftlich begleiten. Die Daten waren exzellent, aber dennoch wurde der Impfstoff in der EU medial verteufelt und nicht zugelassen. Menschen, die in Russland arbeiteten, mussten sich hier zusätzlich mit dem hiesigen Impfstoff impfen lassen, um sich zum Beispiel in Deutschland bewegen zu können oder um an Weihnachten ihre Verwandten zu besuchen. Das ist doch ein Irrsinn!
Das ist tatsächlich ein schleichender Vorgang, der sich langsam in den Köpfen der Menschen festsetzt und von den Medien verbreitet wird. Wo sehen Sie noch weitere Formen der Geopolitisierung im Westen?
Da fällt mir spontan die permanente Verwendung des Begriffs der «regelbasierten Ordnung» (rules based order) ein. Das ist ein reines Nato-Konzept, das sich vermehrt in vielen Dokumenten, auch im Europarat, finden lässt. Die Verantwortlichen sagen nicht, das internationale Recht soll eingehalten werden, die Genfer Konventionen, das Völkerrecht und so weiter, sondern es steht, die «regelbasierte Ordnung» muss eingehalten werden. Das ist eindeutig ein geopolitischer Begriff. Es gibt keine klare Definition für diesen Begriff, der so beliebig «dehnbar» ist. Man missbraucht das Völkerrecht und ignoriert die Genfer Konventionen. Was hier mitschwingt, ist folgende Haltung: Die Regeln der «regelbasierten Ordnung» bestimmen wir. Völkerrecht hin oder her. Das sind Begriffe, die plötzlich überall auftauchen, und das macht mich stutzig.
Das heisst doch, wir, der Westen, stellen die Regeln auf, und die Welt hat sich danach zu richten.
Letztlich geht es darum, wer in Zukunft die «Regeln» bestimmt, und diese sind völlig diffus und daher problematisch. Das erinnert mich an die bundesdeutsche Geschichte und die «freiheitlich demokratische Grundordnung». In den 70er, 80er Jahren gab es die Berufsverbote für Menschen, die angeblich diese Ordnung verletzten. Es war aber auch kein Verstoss gegen das Grundgesetz und den entsprechenden Verfassungsartikel. Es hiess dann: « … bietet nicht die Gewähr, jederzeit für die freiheitlich demokratische Grundordnung einzutreten». Das ist eine unscharfe Begrifflichkeit, in die man alles Mögliche hineininterpretieren konnte und die Repressionen ermöglichte. Hier sehe ich eine Parallele zur internationalen Anwendung dieses Prinzips. Was ist denn nun diese «regelbasierte Ordnung»? Eigentlich ist es ein Instrument autoritärer Systeme, um mit unscharfen Begriffen die Kritiker einzuschüchtern.
Die Unzufriedenheit in Deutschland, die sich an der Landwirtschaftspolitik manifestiert, bezieht sich auch auf andere Bereiche, zum Beispiel dass Deutschland immer noch fest an der Seite der Ukraine steht? Realisieren die Menschen nicht immer mehr, dass die Unterstützung der Ukraine eine Todgeburt ist?
Das Thema spielt im öffentlichen Diskurs nicht die Rolle, die es eigentlich spielen sollte. Aber es ist deutlich, dass die Stimmung sich langsam dreht. Es gibt erneute Umfragen, was Waffenlieferungen oder finanzielle Unterstützung anbetrifft, deren Ergebnisse sich trotz allem auf einem relativ hohen Niveau befinden.
Aber wenn man durch die Städte in Deutschland geht, dann fällt etwas auf. Ich war vorhin am Aachener Rathaus, und bis vor kurzen hingen dort die Ukrainefahnen. Seit dem 7. Oktober flatterte dazu noch die Israelfahne. Das ist vorbei. Aktuell hängen dort keine Fahnen mehr. Auch in den Fenstern der Wohnhäuser konnte man noch bis vor einem halben Jahr Ukrainefahnen sehen. Das ist jedoch immer seltener der Fall. Da hat sich die Stimmung markant geändert.
Die Menschen fangen also an, die Manipulation zu durchschauen?
Ja, verhalten. Einerseits setzt sich die Erkenntnis durch, dass der Krieg nicht zu gewinnen ist und bestenfalls in einen Stellungskrieg übergeht mit Unmengen von Toten und endloser Finanzierung. Auch wird mehr und mehr gesehen, dass nicht alles Gold ist, was in der Ukraine so glänzt. Man erkennt langsam, dass es ein korrupter Staat und Selenskyj auch in der Ukraine zunehmend umstritten ist. Die Zustimmung bröckelt, aber sie bröckelt langsam. Vielleicht artikuliert sich die wechselnde Stimmung deswegen so langsam, weil man sehr schnell gebrandmarkt ist, wenn man da Zweifel äussert. Die offizielle Parole lautet «as long as it takes». Danach kann es Jahre oder Jahrzehnte gehen. Wir pumpen unendlich viel Geld in den Krieg hinein, ohne dass er zu einem erfolgreichen Ende führt.
In den USA klingt es schon etwas anders «as long as we can»…
In den USA ist der Diskurs viel offener. Dort gibt es sehr viel mehr relevante kritische Stimmen. Es wird dort auch sehr viel mehr abgewogen, was das für das eigene Land bedeutet. Das ist bei uns alles Tabu. Es spielt keine Rolle, was das am Ende für Auswirkungen auf die deutsche Wirtschaft und die Lebensbedingungen der Menschen im Land hat.
Gibt es eine Erklärung dafür, dass die Diskussionen selbst in den betroffenen Ländern zum Beispiel in Israel, offener geführt werden als in Deutschland?
In Deutschland haben wir eine besondere Form der Moralisierung der Debatten, die es in den USA oder anderen Ländern so nicht gibt. Das war in Deutschland schon immer so. Das Land hatte schon immer das Bestreben, geopolitische Ambitionen besonders ethisch einzukleiden. Das kann man von der Rechtfertigung des Imperialismus bis heute jeweils in angepasster Form beobachten von «an dem deutschen Wesen soll die Welt genesen» bis zur «regelbasierten Ordnung».»
Vor gut einer Woche kam es zu einer neuen Parteigründung: Bündnis Sahra Wagenknecht für Vernunft und Gerechtigkeit (BSW). Welchen Schwerpunkt hat diese Partei, zu deren Gründungsmitgliedern auch Sie gehören?
Wir haben am Montag mit 44 Teilnehmern die neue Partei «Bündnis Sahra Wagenknecht – für Vernunft und Gerechtigkeit» (BSW) gegründet. Am 27. Januar wird ein erster Parteitag mit 450 Teilnehmern stattfinden. Wir haben vier Schwerpunkte: Wirtschaftliche Vernunft, wozu auch die Aufhebung der schädlichen Wirtschaftssanktionen und Investitionen in Bildung und Infrastruktur gehören. Dann soziale Gerechtigkeit, wozu etwa ein auskömmlicher Mindestlohn gehört, diplomatische Initiativen insbesondere im Ukraine/Russland-Krieg und im Nahen Osten. Und nicht zuletzt Meinungsfreiheit gegen die zunehmende Cancel-Culture, die sich immer mehr breit macht.
Welche Reaktionen gab es auf die Parteigründung?
Überwiegend positiv. Vier Prozent der Bevölkerung sagen, dass sie die neue Partei auf jeden Fall und 17 Prozent wahrscheinlich wählen wollen. Es gibt also ein grosses Potential, obwohl die Partei noch kaum Strukturen hat. Die EU-Wahl im Juni wird für uns ein erster Lackmustest.
Herr Bundestagsabgeordneter Hunko, ich danke für das Gespräch.
Interview Thomas Kaiser
veröffentlicht 17.Januar 2024
Ja zur Neutralitätsinitiative!
Die 2022 lancierte Initiative «Wahrung der schweizerischen Neutralität» wird in vielen Medien und von einem Teil der Linken und Grünen als ein rechtspopulistischer Versuch zum Isolationismus gebrandmarkt. Wir widersprechen: Als Linke und Grüne begrüssen und unterstützen wir die Neutralitätsinitiative! Die Initiative ist nicht «rechts», sondern wurde von einem überparteilichen Komitee ausgearbeitet, das die Schweizer Aussenpolitik von ihrem pro-Nato-Kurs abbringen und zu einer internationalen und weltoffenen Neutralität hinführen will. Als Linke und Grüne sind wir überzeugt, dass das Lagerdenken in eine Sackgasse führt. Wir engagieren uns stattdessen für eine Sachdebatte.
Worum es in der Initiative geht
Die Neutralität der Schweiz ist über 200 Jahre alt und ihre legalen Prämissen sind seit 1907 in den Haager Abkommen klar definiert. Diese Bestimmungen sind eine gute, zeitlose und völkerrechtliche Grundlage unserer Aussenpolitik. Die Schweiz nimmt nicht Teil an den Kriegen anderer Staaten, flankiert von einer strengen Kriegsmaterial-Gesetzgebung. In der neuen multipolaren Weltordnung brauchen wir eine Neutralität, die Sicherheit schafft und sich am Weltfrieden orientiert. Innenpolitsch wird die Neutralität zwar in der Verfassung erwähnt, aber nicht definiert. Die Initiative holt dies nach und gibt der Aussenpolitik eine klare Richtung vor. Sie signalisiert dem Ausland, was von der Schweiz zu erwarten ist. Die Bundesverfassung wird um folgenden Artikel ergänzt:
Art. 54a Schweizerische Neutralität
1. Die Schweiz ist neutral. Ihre Neutralität ist immerwährend und bewaffnet.
2. Die Schweiz tritt keinem Militär- oder Verteidigungsbündnis bei. Vorbehalten ist eine Zusammenarbeit mit solchen Bündnissen für den Fall eines direkten militärischen Angriffs auf die Schweiz oder für den Fall von Handlungen zur Vorbereitung eines solchen Angriffs.
3. Die Schweiz beteiligt sich nicht an militärischen Auseinandersetzungen zwischen Drittstaaten und trifft auch keine nichtmilitärischen Zwangsmassnahmen gegen kriegführende Staaten. Vorbehalten sind Verpflichtungen gegenüber der Organisation der Vereinten Nationen (Uno) sowie Massnahmen zur Verhinderung der Umgehung von nichtmilitärischen Zwangsmassnahmen anderer Staaten.
4. Die Schweiz nutzt ihre immerwährende Neutralität für die Verhinderung und Lösung von Konflikten und steht als Vermittlerin zur Verfügung.
Dieser Verfassungstext umschreibt nicht die Gesamtheit der Schweizer Neutralität, dient aber als Leitlinie für ein aktives und am Weltfrieden orientiertes Neutralitätsverständnis.
Als Linke und Grüne unterstützen wir die Initiative aus folgenden Gründen:
1. Eine allparteiliche Neutralität sichert eine international orientierte Schweiz:
Wir stehen ein für eine weltoffene und multikulturell orientierte Schweiz. Absatz 4 der Initiative fordert, dass die Schweiz künftig aktiv hilft, Konflikte zu verhindern und zu vermitteln. Unser Land wird deshalb in internationalen Konflikten nicht Partei ergreifen, sondern stellt sich ohne Wenn und Aber jedem Staat der internationalen Gemeinschaft als Verhandlungsort zur Verfügung. Als Begegnungsort der unterschiedlichen Kulturen und Weltanschauungen kann die Schweiz den Frieden in der Welt fördern. Unsere Neutralitätspolitik muss auch gegenüber den Ländern des Südens und solchen ohne das westliche Demokratiemodell glaubwürdig sein. Denn Staatsformen, Ordnungs- und Wertvorstellungen hängen auch vom technologischen und wirtschaftlichen Entwicklungsstand ab. In ihren Friedensbemühungen schliesst sich die Schweiz nicht den Standpunkten des einen oder des anderen Lagers an, sondern bringt gegenüber allen Parteien Verständnis und Dialogbereitschaft auf. Nur so kann sie allseitig Vertrauen gewinnen und behalten. Die Schweiz ist nicht Teil eines Machtblocks, sondern integriert sich künftig in die Weltgemeinschaft. Auf dieser Basis kann das Internationale Rote Kreuz, eine der heilvollsten Institutionen der Schweiz, weiterhin seine wertvollen Dienste leisten und den Konfliktbetroffenen auf beiden Seiten helfen.
2. Die aktive Neutralität der Schweiz ist ein Europäisches Friedensprojekt:
Als pazifistische Linke und Grüne stehen wir für den Frieden in Europa ein. 1815 versprach die Tagsatzung, «die immerwährende Neutralität anzuerkennen und zu gewährleisten, welche das gemeinsame europäische Staateninteresse zu Gunsten der Eidgenossenschaft erheischt». Dieses Versprechen an Europa wollen wir nach 200 Jahren erneuern.
Als Pufferstaat half die Schweiz während 100 Jahren, das Kräftegleichgewicht in Europa zu erhalten: Wir haben unser Land weder den Österreichern gegen die Franzosen noch den Franzosen gegen die Österreicher zur Verfügung gestellt. Während den zwei Weltkriegen half die Neutralität international wenig: Sie kam massiv unter Druck, hat uns aber immerhin den Frieden im eigenen Land bewahrt.
Im Kalten Krieg hat die Schweiz wesentlich dazu beigetragen, dass die Konferenz für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (KSZE) zu einem den Frieden und die Verständigung fördernden Abschluss¹ kam. Darauf sind wir stolz: Die Schweiz soll auch künftig mit einer aktiven Friedens- und umsichtigen Neutralitätspolitik am Frieden in Europa mitwirken.
Mit ihrem Neutralitäts-Knowhow kann die Schweiz zudem Staaten in ähnlicher geopolitischer Situation unterstützen: mit anderen neutralen und bündnisfreien Staaten ein Netzwerk bilden, das sich für die De-eskalation zwischen verfeindeten Nationen einsetzt.
3. Die Rückkehr zur integralen Neutralität macht die Schweiz global glaubhaft:
Die wichtigste Änderung der jetzigen Neutralitätspraxis bringt Absatz 3: Die Schweiz beteiligt sich nicht an nichtmilitärischen Zwangsmassnahmen gegen andere Staaten. Das ist zentral, tragen doch Grossmächte ihre Kriege nicht nur militärisch, sondern auch wirtschaftlich aus: Verhängt werden dann oft Sanktionen, die weder völkerrechts- noch menschenrechtskonform sind. Sie treffen die Bevölkerung, wobei die Armen und Schwachen – Frauen, Kinder, Alte – besonders darunter leiden. Wirtschaftssanktionen eines mächtigen Landes oder Länderblocks sind willkürlich. Solche Gewaltaktionen lehnt die Schweiz ab: Sie wird Bedrohungen des Friedens, Völkerrechts- und Menschenrechtsverletzungen, von welcher Seite auch immer begangen, in der Uno problematisieren und kritisieren.
4. Integrale Neutralität ist solidarisch mit den Ärmsten der Welt:
In Kriegen bluten und leiden die Mittelschicht und Armutsbetroffene am allermeisten, während Waffenfirmen und deren Aktionäre massiv verdienen. Das gilt auch für den Ukraine-Krieg, in dem das ukrainische und russische Volk sich gegenseitig ausbluten, während der militärisch-industrielle Komplex der kriegsführenden und kriegstreibenden Staaten wächst und wächst. Mit jeder Eskalation werden mehr Rüstungsgüter nachgefragt,² todbringende Gerätschaften verkauft, riesige Gewinne erzielt. Kurz: Kriege bringen vielen den Tod und dem Grosskapital satte Profite. Das ist eine eiserne Regel des Krieges.
Sanktionen verlängern den Krieg. Sie führen zudem so gut wie nie zu einem «Regime Change». Mit Sanktionen werden die wirtschaftlichen und sozialen Ungleichgewichte zwischen dem Westen und dem ärmeren Rest der Welt nicht behoben, sondern verschärft. Die Schweiz verzichtet deshalb prinzipiell auf Sanktionen, ausser sie werden vom Uno-Sicherheitsrat verhängt. Solidarität nur mit Staaten und Menschengruppen zu zeigen, die einen vergleichbaren Lebensstandard haben und die westlichen Werte teilen, ist ein Unding: Die Schweiz ist allparteilich solidarisch und erweist allen Staaten, die in Not sind, ihre Solidarität. Praktisch heisst das, mehr Solidarität mit den Armen dieser Welt.
5. Der Verzicht auf den Nato-Beitritt ist unser wichtigster Beitrag zum Weltfrieden:
Die Nato, einst ein Verteidigungsbündnis, ist längst zu einem aggressiven Verband geworden, der mit «Out of Area» Einsätzen weit über den Nordatlantik und Europa hinausgreift. Die Nato dient dazu, die Vormachtstellung des Westens zu erhalten und auszubauen. Völkerrechtswidrige Nato-Einsätze haben im Irak, in Afghanistan, in Libyen zum Zusammenbruch aller drei Staaten geführt. Während die USA jenseits des Atlantiks sich vorab um den Erhalt ihrer imperialen Machtposition kümmern, hat Europa gewaltige Flüchtlingsströme zu verkraften, denn in allen drei Ländern herrscht heute die nackte Not.
Diese Entwicklung geht noch weiter, indem ihre grössten Mitglieder sogar von einer «Wirtschafts-Nato, die unseren Lebensstandard verteidigt»,³ träumen. Dabei hat die eine Milliarde der Nato-Bevölkerung dank ihrem grenzenlosen Zugriff auf die globalen Ressourcen bislang jährlich zwischen drei bis fünf Planeten vernutzt und die Klimaerwärmung und die weltweit sinkende Biodiversität angestossen. Diese globalen Probleme lassen sich nur multilateral und mit einer sozial und ökologisch nachhaltigen Wirtschaft lösen.4 Deshalb: Schluss mit Kriegen und Sanktionen. Der wirtschaftliche Ausgleich ist der wichtigste Beitrag für eine globalen Sicherheitspolitik!
6. Die bewaffnete Neutralität ist ein pazifistischer Ansatz der internationalen Politik:
Neutralität hat Zukunft: Der Friede wird sicherer, wenn mehr Länder unabhängig und neutral bleiben, statt sich einem der grossen Blöcke anzuschliessen. Als bewaffnetes Land verteidigt sich die Schweiz zwar selbst, sollte sie angegriffen werden, wird sich aber nicht an ausländischen Kriegen beteiligen, auch nicht zum kollektiven Schutz anderer Länder. Damit vertritt die Schweiz einen konsequenteren Pazifismus als es die Uno-Charta verlangt: Artikel 51 gesteht allen Mitgliedern das «naturgegebene Recht zur individuellen oder kollektiven Selbstverteidigung zu». Doch die «kollektive Selbstverteidigung», einst als Ausnahmefall gedacht, wurde zum Normalfall verkehrt. Seit dem Zweiten Weltkrieg wurde praktisch jeder Angriffskrieg als «kollektive Selbstverteidigung» gerechtfertigt: die Interventionen der Sowjetunion in Ungarn (1956) und in der Tschechoslowakei (1968), der USA in Vietnam (1964), Afghanistan (2001), im Irak (2003), die Intervention Chinas in Vietnam (1979) oder der Nato in Serbien (1999) und Libyen (2011).
Die Schweiz weist die kollektive Selbstverteidigung zurück und verspricht, bei keinen Kriegen mitzumachen: Sie bleibt pazifistisch, egal wie gross der wirtschaftliche und moralische Druck aus dem Ausland ist. Weil die Wahrheit über Kriegsursachen und Kriegsgründe immer erst Jahrzehnte danach ans Tageslicht kommt, verzichtet die Schweiz aus Prinzip auf Kriegsbündnisse. Sie beteiligt sich weder an der Kriegshetze gegen andere Länder noch an deren Dämonisierung – das hoffen wir: Die Schweiz soll kein Land von selbstgerechten und selbstherrlichen Kriegsmitmachern werden. Fertig mit dem Lagerdenken, befreit für die Sachdebatte plädieren wir: Ja zur Neutralitätsinitiative!
Autorschaft und Kontakt
Dr. Pascal Lottaz, Associate Professor, Kyoto; lottaz.pascal.5a@kyoto-u.ac.jp;
Verena Tobler Linder, Ethnologin und Soziologin, Zürich; verenatobler@kernkultur.ch;
Prof. em. Wolf Linder, Politologe, Bern; woli@bluewin.ch
Erstunterzeichner
Araújo, Stefano, Membre du Comité Central du PC, Geneve; Ay, Massimiliano, Membro Gran Consiglio del Canton Ticino, Bellinzona; Barenco, Sergio, Ex-Membro del Municipio, Arbedo; Belser, Eduard, Ehem. Ständerat und Ehem. Regierungsrat, Basel-Land; Bernasconi, Guido, Ex-Deputato al Gran Consiglio del Canton Ticino, Sonvico; Beroggi, Filippo, Koordinator SISA Gewerkschaft, Bissone; Camozzi, Ismael, Koordinator SISA Gewerkschaft; Cappelletti, Edoardo, Conseil Communal, Lugano; Casella, Zeno, Conseil Communal, Capriasca; Cereghetti, Bruno, Ex-Deputato al Gran Consiglio del Canton Ticino e del Municipio di Locarno; Ferrari, Lea (Agronoma Msc), Deputata del Gran Consiglio del Canton Ticino, Serravalle; Ferrazzini, Marco, Ex-Vice-Maire et Grand Conseiller, Chiasso; Forni, Angelica, Consigliera Comunale, Losone; Frei, Luca, Koordinator der KJ, Lugano; Galli, Giovanni, Psicologo e Psicopedagogista, Minusio; Genitsch-Hofer, Franziska, Partei der Arbeit (PDA), Basel; Gerster, Willi (Dr. rer. pol.) Ehem. SP-Grossrat, Basel-Stadt; Gräub, Ernst, Ehem. Gewerkschaftssekretär, Basel; Hanke Güttinger, Ariet (Dr. phil.), Historikerin, Dussnang; Hebling, Francesco, Mitglied des Zentralkomitees KJ, Tessin; Heise, Herbert, Psychiater und Chefarzt im Ruhestand, Bern; Hofer, Stefan (Rechtsanwalt im Ruhestand), Partei der Arbeit (PDA), Basel; Joos, Heidi, Coaching-Fachfrau & ehemaliges Mitglied Legislative Stadt und Kanton, Luzern; Iembo, Samuel, Mitglied des Zentralkomitees der KP, Bellinzona; Leuenberger, Peter, Ehemaliger Sekretär der Anti-Apartheid Bewegung der Schweiz, Köniz; Linder, Wolf (Prof. em.), Politologe, Bern; Lottaz, Pascal (Dr. phil.), Associate Professor Universität Kyoto & Mitglied SP International, Japan; Lucchini, Alessandro, Economista & Consigliere Comunale, Bellinzona; Malyguine, Nil, Membro del Comitato Centrale del PC, Massagno; Marconi, Martino, Consigliere Comunale, Morbio Inferiore; Masera Arigoni, Elena, Magliaso; Mattmann-Allamand, Peter (Dr. med.), Arzt & Ehemaliger POCH- und Grünen-Politiker, Kriens; Müller, Christian (Dr. phil.), Publizist, Monteggio; Müller, Hans-Peter (Prof. em.), Ethnologe, Uitikon; Müller, Geri, Ehem. Nationalrat und Präsident der Gesellschaft Schweiz Palästina, Baden; Paltenghi, Niki, Graphiste ECAL & Membro del Comitato Centrale del PC; Parzani, Siria, Mitglied des Zentralkomitees der KJ, Porza; Pugno Ghirlanda , Daniela, Ex-Deputata al Gran Consiglio del Canton Ticino, Minusio; Reins, Ivo (Prof. em.), Juriste et Historien, Genève; Roca, René (Dr. phil.), Historiker, Oberrohrdorf; Scheben, Helmut (Dr. phil.), Journalist und langjähriger Redaktor der SF Tagesschau, Zürich; Schmid, Peter (Dr. phil.), Alt-Nationalrat & Präsident Grüne Partei Schweiz von 1987 bis 1990; Schneider, Beat (Prof. em.), Kultur- und Designgeschichte, Bern; Schumacher, Franz, Ehem. SP-Stadt- und Kantonsrat, Zürich; Soiland, Tove (Dr. phil.), Historikerin und feministische Theoretikerin, Zürich; Soyyigitoglu, Niyazi, Sozialpädagoge, Zürich; Speranza, Amos, Membre du Comité Central du PC, Bellinzona; Tobler Linder, Verena, Ethnologin und Soziologin, Zürich; Togni, Alberto, Consigliere Comunale , Gordola; Villa, Malena, Mitglied des Zentralkomitees der KJ, Claro; Zahno, Gallus, Berufsschullehrer & Gemeinderat Staufen, Staufen.
Mitzeichnung
Zur Mitzeichnung tragen Sie sich bitte auf dem folgenden Online-Formular ein:
https://forms.gle/WEBf7toCUtmof1hc8
¹ Thomas Fischer, Die Grenzen der Neutralität: Schweizerisches KSZE-Engagement und gescheiterte UNO-Beitrittspolitik im Kalten Krieg, 1969–1986 (Zürich: Chronos, 2004).
² Im März 2022 stiegen die Aktien der deutschen Waffenschmiede Rheinmetall um über 50% und Rüstungsimporte aus den USA nahmen massiv zu. Vgl.German Foreign Policy: Festtage der Rüstungsindustrie I & II; 3.& 24.3.2022.
³ «The West against the Rest», German Foreign Policy, 24. Juni, 2022.
4 Sandrine Dixson-Declèv et all., Earth for All: Asurvival guide for humanity, (Gabriola: New Society Publishers, 2022).
veröffentlicht 17.Januar 2024